Ja, aber nicht sofort.
Wer es in dieser Frage noch mit dem Sächsischen LAG hielt, muss jetzt wieder umdenken. Eine Kündigung ist nicht allein deshalb unwirksam, weil der Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung entgegen § 178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX (bis 31.12.2017: § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX ) nicht unverzüglich über seine Kündigungsabsicht unterrichtete oder ihr das Festhalten an seinem Kündigungsentschluss nicht unverzüglich mitteilte. Dies geht aus dem Urteil des BAG vom 13.12.2018 – 2 AZR 378/18 – hervor. Die Auffassung des Sächsischen LAG, die Anhörung der Schwerbehindertenvertretung hätte vor bzw. gleichzeitig mit Abschluss eines Verfahrens beim Integrationsamt und der Anhörung des Betriebsrats erfolgen müssen, bestätigt das BAG nicht.
Die Arbeitgeberin beantragte die behördliche Zustimmung zu einer ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses der einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellten Arbeitnehmerin. Das Integrationsamt erteilte hierauf die Zustimmung. Im Anschluss daran hörte die Arbeitgeberin erst den Betriebsrat und danach die Schwerbehindertenvertretung zu ihrer Beendigungsabsicht an und kündigte sodann das Arbeitsverhältnis der Arbeitnehmerin. Die Vorinstanzen gaben der dagegen gerichteten Kündigungsschutzklage statt.
Nach Auffassung des BAG nahm das Berufungsgericht zu Unrecht an, die Kündigung sei im entschiedenen Fall nach § 95 Abs. 2 Satz 3 SGB IX a.F. (ab 1.1.2018: § 178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX) unwirksam, weil die Arbeitgeberin die Schwerbehindertenvertretung erst nach Abschluss des Verfahrens vor dem Integrationsamt und nach Anhörung des Betriebsrats beteiligte. Allerdings konnte das Bundesarbeitsgericht anhand der bisher getroffenen Feststellungen die Wirksamkeit der Kündigung nicht abschließend beurteilen, so dass es die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwies.
Praxishinweise
Dieses Urteil zeigt deutlich auf, dass es auch viele formale Stolperfallen bei der Vorbereitung und dem Ausspruch von Kündigungen gibt. Hier muss die Arbeitgeberseite mit besonderer Sorgfalt handeln.
Zudem ist es unerlässlich, die Feinheiten der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung zu kennen.
Wichtigster Merksatz dieser Entscheidung ist: Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten Menschen ist nur wirksam, wenn der Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung und den Betriebsrat anhörte und diese erst ausspricht, wenn das Verfahren vor dem Integrationsamt abgeschlossen ist. Der erforderliche Inhalt der Anhörung und die Dauer der Frist für eine Stellungnahme der Schwerbehindertenvertretung richten sich nach den für die Anhörung des Betriebsrats geltenden Grundsätzen (§ 102 BetrVG).