Stefan Strobl, Rechtsanwalt und Steuerberater, im Gespräch mit der Wirtschaftszeitung.
Nur weil die mediale Aufmerksamkeit nach demAbschuss des Falles Uli Hoeneß hinsichtlich des Themas „Selbstanzeigen bei Steuerhinterziehung“ merklich nachgelassen hat, heißt dies noch lange nicht, dass die Anzahl der Selbstanzeigen, die aktuell bei den Finanzämtern eingehen, gesunken ist. „Die Nachfrage nach unserer Expertise, die Erstellung einer korrekten und somit strafbefreienden Selbstanzeige, also der ,Nachdeklaration‘, ist nach wie vor ungebrochen“, sagt Stefan Strobl, Rechtsanwalt, Steuerberater und Partner der Aderhold Rechtsanwaltsgesellschaft mbH mit Sitz in München. Die Wirtschaftszeitung führte daher mit ihm ein Interview über den Status quo, aber auch über die technische Abwicklung der strafbefreienden Selbstanzeige.
Welcher Personenkreis beschäftigt sich mit einer Nachdeklaration?
Stefan Strobl: Die Mandanten entsprechen einem Querschnitt der deutschen Bevölkerung. Alter, berufliche Tätigkeit und Höhe des Vermögens ist bei der Feststellung dieses Personenkreises irrelevant.
In welchen Fällen kommt in der Praxis eine Nachdeklaration am häufigsten zum Tragen?
In den häufigsten Fällen besteht eine Kontoverbindung ins Ausland und die daraus resultierenden Einkünfte aus Kapitalvermögen wurden nicht versteuert. Oft ist auch die Konstellation anzutreffen, dass Deutsche ins Ausland ziehen, um dort zu arbeiten. Hierbei wird dann im Ausland Vermögen aufgebaut. Dieses Vermögen beziehungsweise die Erträge daraus wurden bei der Rückkehr nach Deutschland gegenüber den deutschen Steuerbehörden nicht angegeben.
Was ist aus rechtlicher Sicht die Besonderheit einer Nachdeklaration?
Es kann eine bereits verwirklichte Straftat, nämlich die Steuerhinterziehung, obwohl vollendet, durch eine wirksame Selbstanzeige nachträglich noch geheilt werden.
Was gilt es, bei der Erstellung einer Nachdeklaration insbesondere zu beachten?
Es müssen sämtliche Steuerarten, zum Beispiel Erbschaftssteuer, Schenkungssteuer und Einkommensteuer, welche strafrechtlich noch nicht verjährt sind, im Rahmen der Nachdeklaration vollständig erklärt werden. Fehler sind unentschuldbar! Hinsichtlich des relevanten Zeitraums ist zwischen der strafrechtlich relevanten Verjährungsfrist von fünf Jahren und der steuerrechtlich relevanten Verjährungsfrist von zehn Jahren zu unterscheiden. Nur in Fällen von besonders schweren Fällen gemäß Paragraf 371 Abgabenordnung (AO) gilt auch eine strafrechtlich relevante Frist von zehn Jahren.
Ist eine Nachdeklaration immer möglich?
Paragraf 371 Abs. 2 AO führt Umstände auf, bei deren Vorliegen eine strafbefreiende Selbstanzeige nicht mehr möglich ist. In der Praxis am häufigsten anzutreffen sind die Fälle, in welchen dem Täter gegenüber bereits die Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens bekanntgegeben wurde, ein Steuerprüfer zu einer Betriebsprüfung erscheint oder die Steuerhinterziehung bereits entdeckt wurde und der Täter dies weiß.
Wie sieht bei Ihnen der technische Ablauf einer Nachdeklaration aus?
Zu Beginn erfolgt ein persönliches Erstgespräch zwischen uns und dem Steuerpflichtigen hinsichtlich der Herkunft des noch nicht versteuerten Vermögens, der relevanten Steuerart und möglichen weiteren wichtigen Aspekten. In der Folge gilt es für den Mandanten, die entsprechenden Bankunterlagen an uns zu übermitteln. Dies erfolgt zumeist in Form einer gesicherten E-Mail oder durch persönliche Übergabe. Anhand der übermittelten Unterlagen wird dann die nachträgliche Steuerlast ermittelt und diese dem Mandanten vorab mitgeteilt. Im Rahmen der Schlussbesprechung wird die Übermittlung der Selbstanzeige, nebst den relevanten Unterlagen, an das Finanzamt erörtert. Die Liquidität zur Bezahlung der Steuerlast muss seitens des Steuerpflichtigen sichergestellt sein.
Sind etwaige Verschärfungen seitens des Gesetzgebers geplant?
Die geplante Gesetzesänderung, welche eine erhebliche Verschärfung für eine wirksame Selbstanzeige mit sich bringt, soll zum 1. Januar 2015 in Kraft treten. Die relevanteste Verschärfung besteht in der Erhöhung der strafrechtlichen Verjährungsfrist auf zehn Jahre in allen Fällen.
Eine bereits verwirklichte Straftat kann durch eine wirksame Selbstanzeige nachträglich geheilt werden.“ Rechtsanwalt und Steuerberater Stefan Strobl
Das Interview führte Matthias Hassler